Quakenbrück - Der niedersächsische Ministerpräsident diskutierte bei seinem Besuch die Rolle der Lebensmittelwissenschaft im Transformationsprozess des Agrar- und Ernährungssektors. Im Mittelpunkt der Gespräche stand die Frage, wie Wertschöpfung im Land gehalten und von neuen Trends - darunter Fleischersatz - profitiert werden kann. Forschung, Ausbildung und Unternehmensgründungen seien entscheidend.
Ergänzt wurden die Gespräche durch einen Rundgang. Dabei informierte Institutsleiter Dr. Volker Heinz den Ministerpräsidenten über aktuelle Forschungsprojekte und die Standortentwicklung. So stehen neue Möglichkeiten zur Nutzung von alternativen Protein- und Fettquellen im Fokus der Forschungsarbeiten, ebenso wie die Untersuchung von Mikroplastik in komplexen Lebensmitteln. Neben der Forschung müsse auch die Ausbildung an Universitäten und Fachhochschulen sowie die Gründung und Ansiedlung von Start-ups gefördert werden – nur so gelinge der Wandel hin zu einem nachhaltigeren und zugleich wettbewerbsfähigen Lebensmittelsystem, sind sich Weil und Heinz einig. Dazu Heinz weiter: „Wir bieten zum kommenden Wintersemester einen internationalen Masterstudiengang an, der die Wissenschaftler und Gründer von morgen hervorbringt. Vernetzung und Wissensvermittlung gehen hier Hand in Hand.“ Der Studiengang bildet in- und ausländische Studierende im natur- und lebensmittelwissenschaftlichen Bereich aus.
Nach der offiziellen Begrüßung stellten die Startups BIOWEG und ELEA ihre Arbeit vor. Beide Unternehmen sind angesiedelt am BIQ Business- und Innovationspark Quakenbrück und damit in direkter Nachbarschaft zum DIL. ELEA vertreibt Hochleistungsimpulstechnik, mit der z.B. Kartoffeln ressourcenschonend verarbeitet werden. Und wie sich Mikroplastik durch biobasierte Materialien ersetzen lässt, dazu forscht BIOWEG seit 2019. Die anschließende Besichtigung führte Ministerpräsident Stephan Weil zunächst in die Labore der Lebensmittelphysik. Hier erklärte Abteilungsleiterin Dr. Ute Bindrich, welche Rolle bildgebende Verfahren wie die Elektronenmikroskopie in der Herstellung von Lebensmitteln mit bestimmten Qualitätsmerkmalen spielen. So ermöglicht es die physikalische Analytik, z.B. Mayonnaise mit weniger Fett aber gleichbleibendem Geschmack zu produzieren.
Wie und in welcher Menge gelangen kleinste Kunststoffteilchen in Trinkwasser und Lebensmittel? Das erforschen Dr. Andreas Juadjur und sein Team im neu geschaffenen Kompetenzzentrum für Mikroplastik. Langfristig soll die Forschungsarbeit dazu beitragen, dass weniger Kunststoff während der Verarbeitung, der Lagerung und des Transports in unsere Lebensmittel gelangt.
Beim Besuch der Verfahrenstechnik standen pflanzliche Proteine und Fette im Fokus, die nicht zuletzt dank der Corona-Pandemie einen deutlichen Nachfragezuwachs erfahren haben. Dr. Volker Lammers präsentierte die Extrusion als bevorzugtes Herstellungsverfahren, wenn es um die Erzeugung fleischähnlicher Strukturen geht. Die Infrastruktur für die Entwicklung von sogenanntem Fleischersatz steht seit vergangenem Jahr, als das Technologiezentrum „Proteine der Zukunft“ eingeweiht wurde. Die Verarbeitung auch wenig oder bisher ungenutzter Eiweißquellen biete der heimischen Lebensmittelindustrie interessante Marktmöglichkeiten, so Lammers.
Ministerpräsident Weil zeigte sich erfreut über die in Quakenbrück vorhandene Forschungsinfrastruktur und den Gründergeist am Artland Campus: „Niedersachsen als das Agrarland Nummer 1 hat mit dem DIL einen Innovationstreiber, der gerade in Zeiten des Wandels des Ernährungssystems dabei hilft, die Wettbewerbsfähigkeit sicherzustellen.“