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Verwendung genießbarer Insekten in westlichen Lebensmitteln CORNET AiF 154 EN

Die hohe Nachfrage nach Lebens- und Futtermitteln für die wachsende Weltbevölkerung ist eine globale Herausforderung, insbesondere die Proteinversorgung aus herkömmlichen Nahrungsquellen stellt dabei einen Engpass dar. Es besteht Bedarf nach neuen Proteinquellen

Insekten sind als Lebensmittel für die Humanernährung bereits seit Jahrzehnten bekannt, allerdings ist ihre Verwendung in der westlich geprägten Ernährung aufgrund von kulturellen Vorbehalten limitiert. Trotz alledem würden lt. Umfragen 60-80 % der westlichen Bevölkerung bereit sein, insektenbasierte Produkte zu konsumieren, vorausgesetzt sie hätten mehr Informationen überderen Vorteile. Außerdem dürften die Insekten in den Produkten sensorisch nicht wahrnehmbar sein.

Insekten beinhalten eine signifikante Menge Protein (bis zu 80 % der Trockenmasse) und Fette (bis zu 70 % der Trockenmasse) und haben enorme ökologische Vorteile, z.B. bezüglich Land- und Ressourcenerhaltung.

Ziel des interdisziplinären Forschungsprojektes war die Entwicklung qualitativ hochwertiger, insektenbasierter Zwischenprodukte für die Lebensmittelindustrie auf Basis der High-Moisture-Extrusions-Technologie, die thermische, druck- und scherverarbeitende Prozessverfahren kombiniert. Zwei für die Lebensmittelanwendung zugelassene Insektenspezies, Tenebrio molitor und Alphitobius diaperinus, wurden ausgewählt, um die strukturelle Funktionalität und das Ausmaß der wirtschaftlichen und ökologischen Nachhaltigkeit in Fleischersatzprodukten zu testen. Darüber hinaus sollten auf Insekten basierende texturierte Lebensmittelprodukte hinsichtlich ihrer Ernährungsrelevanz und ihrer mikrobiologischen und chemischen Sicherheit überprüft werden.

Forschungsergebnis:

Larven von zwei Insektenspezies (Mehlwurm, Tenebrio molitor und Larven des Getreideschimmelkäfers, Alphitobius diaperinus) wurden für die Produktverarbeitung im gefrorenen und entfetteten Zustand verwendet. Die High-Moisture-Extrusion (HME) von Insektenproteinkonzentraten, die unter Verwendung eines Doppelschneckenextruders (Modell Berstorff ZE 25x33D) durchgeführt wurde, ermöglichte die Untersuchung und Optimierung des Temperatur-, Druck- und Rezepturprofils für die Insektenverarbeitung. Optimale Verarbeitungsbedingungen wurden gemäß den Erfordernissen der Textur- und Härtebildung von Fleischersatzstoffen (und Hühnerfleisch) definiert. Die Bedingungen wurden erfolgreich festgelegt und führten zu Zwischenprodukten mit fleischähnlicher Textur und einem Gehalt von 40 % Insektenproteinkonzentrat (Trockensubstanz), was die höchste Konzentration im Vergleich zu den Referenzprodukten auf dem Markt darstellt (5-20 % Insekten-Biomasse). Es wurde gezeigt, dass die Erhöhung des Gehalts an Insektenproteinkonzentrat die Härte der Extrudate insgesamt verringert. Die Optimierung des Temperaturprofils (Anstieg auf 170 ° C) und die Verringerung des Wassergehalts (um 5 bis 10 %) ermöglichten jedoch die Beibehaltung der faserigen Textur von Zwischenprodukten auf Insektenbasis (mit bis zu 40 % Trockensubstanzgehalt). Proteinkonzentratpulver von beiden Spezies zeigten bei der HME ähnliche Ergebnisse ohne signifikante Unterschiede in physikalischen, chemischen oder mikrobiologischen Parametern. Die Verringerung der Partikelgröße von Insektenproteinkonzentraten durch Mahlen beeinflusste die Textureigenschaften der Extrudate nicht signifikant. In ähnlicher Weise verbesserten Faseradditive nicht die Textureigenschaften der Insektenproteine.

Life-Cycle-Assessment (LCA) ermöglichte die Identifizierung von Hotspots für Umweltauswirkungen und Empfehlungen für eine nachhaltigere Produktentwicklung. Es wurde festgestellt, dass Nassextrudate, die aus Insektenbiomasse bestehen, umweltfreundlicher als Fleischprodukte, aber nicht besser als texturierte Produkte auf Pflanzenbasis sind. Im Ergebnis der LCA wurde die Möglichkeit geprüft, frische Insektenbiomasse anstelle von Insektenproteinkonzentrat für die HME zu verwenden. Dadurch konnten Verarbeitungsschritte, wie Trocknen und Entfetten, eingespart werden. Dies reduzierte den Preis, den Energieverbrauch und die Umweltauswirkungen der Zwischenprodukte um 30 % und stellte somit eine wettbewerbsfähige Alternative zu Fleisch- und Fleischersatzprodukten auf dem Markt dar. Die Textur und die chemischen sowie mikrobiellen Eigenschaften der Zwischenprodukte, die mit frischen Insekten verarbeitet wurden, unterschieden sich nicht signifikant von denen, die auf Insektenproteinkonzentraten basierten.

Die Insektenverarbeitung mittels High-Moisture-Extrusion ist eine industriell relevante Lösung zur Nutzung von Insekten als alternative Quelle für nachhaltige Proteine für die menschliche Ernährung. Die Nassextrusion von Insekten erwies sich als eine ökonomische und umweltverträgliche Technologie für die Verarbeitung und Herstellung von Burger-Matrizes anstelle der derzeit angewandten Technologie für gemahlene und gefrorene Insekten.

Parallel zu den technologischen Untersuchungen wurden die Verbraucherakzeptanz und die Möglichkeit zur Markteinführung insektenbasierter Lebensmittel sowie die mikrobiologische und sensorische Eignung geprüft. Die Ergebnisse deuteten darauf hin, dass die meisten Verbraucher Insektenprodukte verzehren würden, sich jedoch keinen regelmäßigen Konsum vorstellen könnten.

Wirtschaftliche Bedeutung:

Der europäische Markt für insektenbasierte Produkte entwickelt sich, nach ersten Zulassungen in Holland und Belgien, rasant. Die Produkte reichen von Energy Bars, Snacks, Süßwaren und exotischen, komplett vertriebenen Spezies bis hin zu Lebensmittel- und Futtermittelzusätzen. Allein in Holland wurde 2013 in der Insektenproduktion ein Umsatz von 60 Mio. € erzielt, gerade auch durch innovative kleine und mittelständische Unternehmen.

Diese rasante Entwicklung basiert vor allem auf der Strategie, diese neuartigen und exotischen Lebensmittel auf dem Markt zu positionieren. Eine Vielzahl von insektenbasierten Produkten auf dem europäischen Markt, den Vereinigten Staaten und Japan verfolgen ebenfalls diesen Ansatz und werden als Premiumprodukte in Luxusgeschäften vermarktet. Eine Marktstudie konnte zeigen, dass Unternehmen, die neuartige insektenbasierte Formate als erste auf den Markt bringen, bis zu 17,5 % des Umsatzes solcher Produkte als Profit verbuchen können.

Diese neuen Produkte können somit nicht nur den noch relativen hohen Produktionsaufwand von Insektenproteinen (7 - 8 € pro kg Trockengewicht) refinanzieren, sondern auch die Premiumsparte profitabel bedienen.

Die Anwendung innovativer Prozesstechnologien, wie der Mikrowellentrocknung und der Kochextrusion, erlauben ferner zusätzliche Vorteile im Vergleich zu traditionellen Verfahren bezüglich Effizienz und Profitabilität und erleichtern eine konkurrenzfähige Produktion von Lebensmitteln mit insektenbasierten Inhaltsstoffen.

Die Ergebnisse geben insbesondere innovativen KMU Raum für Produkt- und Technologieentwicklungen sowie für die Erschließung neuer Geschäftsfelder.

Publikationen (Auswahl):

1. FEI-Schlussbericht (2018).
2. Smetana, S., Pernutz, C., Toepfl, S., Heinz, V. and van Campenhout, L.: Highmoisture extrusion with insect and soy protein concentrates: cutting properties of meat analogues under insect content and barrel temperature variations. J. Insects Food Feed. (accepted) (2018).
3. Smetana, S., Ashtari Larki, N., Pernutz, C., Franke, K., Bindrich, U. and Heinz, V.: Structure design of insectbased meat analogs with highmoisture extrusion. J. Food Engin. 229, 83-85 (2018).
4. Smetana, S., Palanisamy, M., Mathys, A. and Heinz, V.: Sustainability of insect use for feed and food: life cycle assessment perspective. J. Clean. Prod. 137, 741-751 (2016).
Der Schlussbericht ist für die interessierte Öffentlichkeit bei der Forschungsstelle abzurufen.

Weiteres Informationsmaterial:

Deutsches Institut für Lebensmitteltechnik e.V. (DIL)
Prof.-von-Klitzing-Str. 7, 49610 Quakenbrück
Tel.: +49 5431 183-140
Fax: +49 5431 183-450
E-Mail: info@dil-ev.de

Forschungskreis der Ernährungsindustrie e.V. (FEI)
Godesberger Allee 125, 53175 Bonn
Tel.: +49 228 3079699-0
Fax: +49 228 3079699-9
E-Mail: fei@fei-bonn.de

EU-Büro des FEI
47-51, Rue du Luxembourg, B-1050 Brüssel
Tel.: +32 2 2820840
Fax: +32 2 2820841
E-Mail: gfpi-fei@bdp-online.de


Das vorliegende CORNET-Projekt („Collective Research Network”) ist ein transnationales Gemeinschaftsforschungsvorgaben, an dem unter Koordination des FEI 2 Länder beteiligt sind. Die hinter CORNET stehende Idee ist, nationale Fördermittel und Forschungsinstitutionen in einem transnationalen Projekt zu bündeln und damit Synergieeffekte über Ländergrenzen hinweg zu schaffen. Das deutsche CORNET-Teilprojekt wird im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundes-ministerium für Wirtschaft und Energie (via AiF) über den Forschungskreis der Ernährungsindustrie e.V. (FEI) gefördert.