„MeatHybrid: Substitution von tierischen durch pflanzliche Proteine“

CORNET AiF 196 EN

Motivation/Relevanz

Laut FAO werden ca. 80% der weltweiten Agrarflächen als Weide- oder Ackerland für die Tierhaltung genutzt. Mit Hinblick auf die steigende Weltbevölkerung sowie Umweltschäden durch intensive Fleischwirtaschaft muss ein Umdenken der Landwirtschaft erfolgen und effiziente sowie nachhaltige Wege gefunden werden, um die Ernährung in der Zukunft zu sichern. Umweltbewusste Verbraucher greifen bereits vermehrt auf sogenannte Fleischanaloga zurück, doch nicht jeder möchte gänzlich auf Fleisch verzichten. Die Einarbeitung hochwertiger Pflanzenproteine in Fleischprodukte ist eine Option, um die Nachfrage zu decken und Fleischprodukte gleichzeitig gesünder und umweltfreundlicher zu gestalten. In der Vergangenheit scheiterte dies an fehlender Erfahrung bei der Herstellung hybrider Produkte, an der Verwendung inkompatibler oder unstrukturierter Proteine, die den Geschmack und das Mundgefühl der Produkte reduzierten, sowie an der Annahme, dass Hybrid-Produkte von geringer Qualität seien.

Projektziele

MeatHybrid hat sich zum Ziel gesetzt, die Nachhaltigkeit und Umweltbilanz von Fleischprodukten durch die Nutzung alternativer Rohstoffe und die Optimierung von Herstellungsprozessen zu verbessern. Im Fokus steht die Generierung von Wissen, das die Herstellung hybrider Produkte ermöglicht, die den Erwartungen und den Interessen der Verbraucher entsprechen und geschmacklich den rein tierischen Produkten in nichts nachstehen. Die Produkte sollen einen zusätzlichen Gesundheitswert aufweisen (z.B. ausgewogeneres Aminosäurespektrum), sowie aus hochwertigen, regionalen Pflanzenproteinen bestehen. Letzteres ermöglicht zusammen mit der Reduktion an tierischen Proteinen eine Einsparung der CO2-Emissionen und des Wasserverbrauchs verglichen zum herkömmlichen Produkt.

Aktivitäten

Die Herstellung hybrider Produkte und die damit verbundenen physikalischen, verfahrenstechnischen und verbrauchsbezogenen Hürden, die bei der Erzeugung und Vermarktung auftreten, werden systematisch von den Projektpartnern ILVO (Belgien), Universität Hohenheim und DIL erforscht (Abb. 1). Im Rahmen der Untersuchungen werden Verbrauchererwartungen, Aspekte der Nachhaltigkeit und gesunden Ernährung, sowie lebensmittelrechtliche und verfahrenstechnische Problemstellungen analysiert. Diese Erkenntnisse werden in der Entwicklung der hybriden Produkte in unterschiedlichen Darreichungsformen (Brühwurst, Rohwurst, Convenience Produkte) umgesetzt.

Abbildung 1: Ganzheitlicher Prozess der Produktentwicklung unter Einbezug der Verbraucher.

Ergebnisse

Verschiedene Kürbiskern-, Sonnenblumenkern-, Erbsen- und Kartoffelproteine wurden aufgrund ihrer Funktionalität, ihrer Aminosäurespektren und ihres Geschmacks für weitere Analysen ausgewählt. Mit Hilfe des Extrusionsverfahrens wurde den Proteinpulvern eine faserige, fleischähnliche Textur vermittelt. Diese soll dem spezifischen Mundgefühl von Fleisch ähneln, das sich durch den bloßen Zusatz von Pulvern stark verändert und die sensorischen Eigenschaften verringert. Zudem wurden sogenannte Trockentexturate erzeugt, die nach der Zugabe von Wasser eine schwammartige Textur und eine hohe Wasserbindefähigkeit aufweisen. Das Verhalten beider Texturen soll in Kombination mit Fleisch sowohl auf technischer als auch auf sensorischer Ebene analysiert werden (Abb. 2).


Abbildung 2: Texturierte Pflanzenproteine und die dazugehörigen Proteinpulver. Dargestellt sind jeweils Pulver, Nass- und Trockentexturat eines Erbsenproduktes, eines Sonnenblumenkernproduktes, sowie zweier Kürbiskernprodukte.


Die Herstellung hybrider Convenience Produkte, genauer die Zerkleinerung der Texturate im Fleischkutter und das Zusammenbringen der Komponenten, erwiesen sich als vergleichbar zu reinen Fleischprodukten. Eine hybride Frikadelle, der 20% Erbsentexturat zugesetzt wurde, ist in Abb. 3 dargestellt. Sie lässt sich optisch nur im rohen Zustand von der Kontrolle unterscheiden. Anders verhielt es sich allerdings bei den grünen Kürbisproteinen, wobei die Grünfärbung nach dem Garen nicht negativ auffiel. Sensorische Analysen mit einem Verbraucherpanel werden zeigen, in wie weit diese Produkte akzeptabel wären.

Abbildung 3: Fleischfrikadelle im Vergleich zu einer hybriden Frikadelle. Links: Fleischfrikadelle in rohem und gegartem Zustand im Vergleich zu einer hybriden Frikadelle, der 20% Erbsentexturat zugesetzt wurden. Im rohen Zustand ist das Erbsentexturat bei genauerem Hinsehen sichtbar. Die gegarten Frikadellen lassen sich kaum unterscheiden. Rechts: Wasserverlust der hybriden Frikadellen (20% Erbsentexturat) nach dem Garen und Auftauen im Vergleich zur Kontrolle. Die hybriden Frikadellen verlieren signifikant weniger Wasser nach dem Garen. Statistische Auswertung mittels T-Test, ** P < 0,005; *** P < 0,0005.

 

Eine erste hausinterne Verkostung deutet auf gute sensorische Akzeptanz hin. Zudem weisen erste Analysen darauf hin, dass der Wasserverlust hybrider Frikadellen während des Garprozesses (cooking loss) signifikant reduziert ist.


Ausblick

Im Folgenden werden der Herstellungsprozess und die sensorischen Eigenschaften von Brüh- und Rohwurst sowie von Convenience Produkten hinsichtlich der Applikationsform (Pulver, Nasstexturat, Trockentexturat) und Konzentration aller ausgewählten pflanzlichen Proteine untersucht. Die Verbraucherstudien werden in die Produktentwicklung einbezogen. Final wird der gesundheitliche Mehrwert, sowie die verbesserte Umweltbilanz ermittelt, um eine erfolgreiche Verkaufsstrategie zu generieren.