Herstellung von Fruchtsäften und Pürees unter verbessertem Oxidations schutz mit Wendelfilterpresse und Anwendung schonender Haltbarmachungsmethoden

AiF 20639 N Fruchtsaftherstellung mit Wendelfilterpresse

Koordinierung:
Forschungskreis der Ernährungsindustrie e. V. (FEI), Bonn

Forschungsstelle(n):
Hochschule Geisenheim Institut für Getränkeforschung Analytik & Technologie pflanzlicher Lebensmittel - Schwerpunkt Getränke Prof. Dr. Ralf Schweiggert/Prof. Dr. Frank Will

Deutsches Institut für Lebensmitteltechnik e.V. (DIL), Quakenbrück Dr. Volker Heinz/Dr. Kemal Aganovic

Industriegruppe(n):
Verband der deutschen Fruchtsaft-Industrie e.V. (VdF), Bonn

Projektkoordinator:
Klaus Nick Eckes-Granini Group GmbH, Nieder-Olm

Laufzeit:
2019 – 2022

Zuwendungssumme:
€ 352.630,--

Ausgangssituation
Obst und Gemüse enthalten eine Vielzahl qualitätsbestimmender und ernährungsphysiologisch wertvoller Inhaltsstoffe, die im Rahmen der industriellen Lebensmittelverarbeitung durch den Kontakt mit Luftsauerstoff jedoch oftmals partiell oder gänzlich zerstört werden. Unter anderem führen sauerstoffbedingte Reaktionen zudem zu unerwünschten, qualitätsmindernden Bräunungsreaktionen sowie Aroma- und Farbverlusten.

Da diese Verluste die Wirtschaftlichkeit der Verarbeitung pflanzlicher Lebensmittel beeinträchtigen, zielte das Forschungsvorhaben darauf ab, diese Verluste durch den Einsatz neuer innovativer Technologien zu minimieren. Im Mittelpunkt des Vorhabens stand dabei die Verarbeitung unterschiedlicher pflanzlicher Rohwaren unter verbessertem Oxidationsschutz mittels der sog. Wendelfiltertechnologie, die bei integrierter Vermahlungseinheit eine Zerkleinerung und Fest-Flüssig-Trennung unter weitestgehendem Sauerstoffausschluss erlaubt. Die in Stickstoffatmosphäre zerkleinerte Rohware wird dabei in kürzester Zeit von einer Wendel durch einen Siebzylinder gefördert, an welchem ein starker Unterdruck anliegt. Dieser zieht die Flüssigphase durch das Sieb und entlüftet sie dabei. Abschließend wird die gewonnene Flüssigphase mit z. B. durch die Porengröße des Siebs variierbarem Feststoffanteil (Saft, Mark) in einen mit Inertgas gefüllten Tank überführt. Der zurückgehaltene Feststoff wird von der Wendel zum Tresterauswurf gefördert. Neben der Kombination mit konventionellen, thermischen Haltbarmachungsverfahren wurde auch der Einfluss nicht-thermischer, schonender Haltbarmachungsverfahren, wie dem Einsatz gepulster elektrischer Felder (PEF) oder der Hochdruckbehandlung (high pressure processing, HPP) in Verbindung mit der Wendelfiltertechnologie auf die Produktqualität untersucht.

Forschungsergebnis
Die Verarbeitung mittels Wendelfiltertechnologie führte in Abhängigkeit von der Rohware zunächst wie erwartet zu deutlich geringeren Sauerstoffgehalten als bei Anwendung konventioneller Technologien (z. B. Schwarzer Johannisbeersaft: 3,3 mg O2/L (Wendelfilter) vs. 9,9-10,1 mg/L (Dekanter/Horizontalfilter-Presse); Saft aus rotfleischigen Äpfeln: 4,5 vs. 6,1-10,7 mg/L). In der Folge blieben auch die in der Pflanzenmatrix natürlicherweise enthaltenen, oxidationsempfindlichen Farbstoffe besser erhalten, wodurch eine attraktivere Produktfarbe erreicht wurde, insbesondere bei Säften aus rotfleischen Äpfeln, Birnenpürees und einem aus Kiwi, Spinat, Karotte und Apfel zusammengesetzten Multikomponenten-Püree. Neben natürlichen Farbstoffen wurden auch oxidationsempfindliche Vitamine bei Wendelfilter-Verarbeitung besser erhalten. Beispielsweise wurden bis zu 76,0 mg Ascorbinsäure (Vitamin C) pro L Apfelsaft (cv. ‚Boskoop‘) in einem mittels Wendelfilterpresse hergestellten Apfelsaft gefunden, während konventionell hergestellte Apfelsäfte lediglich 6,0 mg/L enthielten. Mittels Wendelfilterpresse hergestellte Produkte unterschieden sich sensorisch stets von konventionell hergestellten Produkten, wobei diese in Abhängigkeit von der Rohware gegenüber den konventionellen Produkten entweder bevorzugt (z. B. Birne) oder abgewertet wurden (z. B. ‚Boskoop‘-Apfelsäfte, nur 18 % Beliebtheit mit Wendelfilter-Technologie vs. 38-44 % bei konventioneller Herstellung). Die Konzentrationen von weniger sauerstofflabilen Inhaltsstoffen (z. B. Zuckern, Säuren, Mineralstoffen) zeigten in der Regel keine wesentliche Abhängigkeit von der Verarbeitungstechnologie. In Übereinstimmung zeigten die durchgeführten quantitativen 1H-NMR-Analysen ebenfalls regelmäßig keine substanziellen Unterschiede der Produkte hinsichtlich der nicht-oxidationsanfälligen Hauptinhaltsstoffe.

Beim Vergleich der unterschiedlichen Haltbarmachungsmethoden konnte gezeigt werden, dass es z.B. durch die PEF-Behandlung zu erhöhten Anthocyangehalten im Produkt kam. Beispielsweise lag der Gesamtanthocyangehalt im Schwarzen Johannisbeersaft um rund 12 % höher als in der unbehandelten Kontrollprobe. Auch behielten die behandelten Proben teilweise ihren frischen Geschmack bei. So konnten die Teilnehmer an sensorischen Dreieckstests bei den Säften bzw. Pürees aus Schwarzen Johannisbeeren, rotfleischigen Äpfeln und Birnen keinen Unterschied zwischen der frischen Kontrollprobe und der HPP-behandelten Probe erkennen. Mittels der nicht-thermischen Haltbarmachungsmethoden konnte die Aktivität der Peroxidase (POD) und Polyphenoloxidase im Vergleich zur unbehandelten Probe signifikant reduziert werden. So wurde z.B. in konventionellem Apfelsaft die Aktivität des Enzyms POD mittels PEF auf eine Restaktivität von 36 % reduziert.

Insgesamt stellte sich die untersuchte Wendelfiltertechnologie als hervorragendes Verfahren zur Herstellung von qualitativ hochwertigem Frucht- und Gemüsesaft bzw. -püree heraus. Oxidationsempfindliche Inhaltsstoffe wurden fast ausnahmslos besser erhalten. Weitere Vorteile sind der modulare Aufbau und die kurze Rüstzeit der Anlage, wodurch sie rasch an die jeweilige Rohware, deren Reifegrad und das herzustellende Produkt ideal angepasst werden kann. So ist mit einer Technologieplattform sowohl die Fruchtsaft- als auch die Fruchtmarkherstellung zugänglich. Jedoch eignet sich die Technologie momentan aufgrund der relativ geringen Durchsatzmenge (z. B. bis 3 t/h bei der Püreeherstellung) und des derzeit vergleichsweise hohen, nötigen Personaleinsatzes insbesondere für die Herstellung von hochwertigen Premiumprodukten.

Wirtschaftliche Bedeutung
Die deutsche Fruchtsaftindustrie ist mittelständisch strukturiert und umfasst insgesamt 311 Unternehmen mit ca. 7.500 Mitarbeitern; hiervon sind 90 % kleine und mittelständische Unternehmen (KMU). Der zahlenmäßig größte Teil dieser Unternehmen erwirtschaftet nur einen Jahresumsatz von rd. 2 Mio. €. Der Gesamtumsatz der Fruchtsaftindustrie lag im Jahr 2021 bei ca. 3,09 Mrd. € und einer Produktionsmenge von rund 3,06 Mrd. Litern.

Die Ergebnisse zeigen der Fruchtsaftindustrie neue Möglichkeiten zur Prozess- und Produktinnovation auf Basis neuer Technologien auf. Die Wendelfiltertechnologie ist vor allem für KMU interessant, da sie – im Gegensatz zu klassischen Verfahren – sowohl für die Herstellung von Fruchtsäften (Phasentrennung in Presssaft und Trester) als auch für die Herstellung von Fruchtmark (z. B. für Smoothies) durch Austausch der Siebelemente eingesetzt werden kann. Diese Option relativiert auch die nötigen Investitionskosten der Verfahren, die sich in bestehende Prozesslinien der Frucht- und Gemüsesaftherstellung integrieren lassen.

Eine schonende Entsaftung und Haltbarmachung ermöglicht die Minimierung der thermischen Belastung und der oxidativen Schädigung der Produkte und zeigt der Fruchtsaftindustrie sowie der obst- und gemüseverarbeitenden Industrie ein neues alternatives Herstellungsverfahren auf, mit welchem höhere Ausbeuten an wertgebenden Inhaltsstoffen in Fertigprodukten durch Minimierung der Verarbeitungsverluste erzielt werden, und zwar sowohl für thermisch als auch für nicht-thermisch behandelte Säfte und Pürees.

Publikationen (Auswahl)
1. FEI-Schlussbericht 2022

2. Wagner, A., Dussling, S., Scansani, S., Bach, P., Ludwig, L., Steingass, C.B., Will, F. & Schweiggert, R.: Comparative evaluation of juices from redfleshed apples after production with different dejuicing systems and subsequent storage. Molec. 27 (8), 2459. doi.org/10.3390/molecules27082459 (2022).

Der Schlussbericht ist für die interessierte Öffentlichkeit bei den Forschungsstellen abzurufen.

Weiteres Informationsmaterial
Hochschule Geisenheim Institut für Getränkeforschung Analytik & Technologie pflanzlicher Lebensmittel Schwerpunkt Getränke Von-Lade-Straße 1, 65366 Geisenheim Tel.: +49 6722 502-312 Fax: +49 6722 502-50312 E-Mail: ralf.schweiggert@hs-gm.de

Deutsches Institut für Lebensmitteltechnik e.V. (DIL) Prof.-von-Klitzing-Straße 7, 49610 Quakenbrück Tel.: +49 5431 183-232 Fax: +49 5431 183-200 E-Mail: v.heinz@dil-ev.de

Forschungskreis der Ernährungsindustrie e.V. (FEI) Godesberger Allee 125, 53175 Bonn Tel.: +49 228 3079699-0 Fax: +49 228 3079699-9 E-Mail: fei@fei-bonn.de

Förderhinweis

Das IGF-Vorhaben AiF 20639 N der Forschungsvereinigung Forschungskreis der Ernährungsindustrie e.V. (FEI), Godesberger Allee 125, 53175 Bonn, wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.