DIL-Seminarreihe zum Thema Fleisch- und Wurstwaren hat sich etabliert
Mit der zweiten Auflage des vom Deutschen Institut für Lebensmitteltechnik e.V. (DIL) veranstalteten Seminars hat sich der Erfolg der Erstausgabe im vorherigen Jahr wiederholt. 60 Teilnehmer aus In- und Ausland fanden sich in Quakenbrück ein, um sich über aktuelle Entwicklungen bei der Herstellung von Fleisch- und Wurstwaren zu informieren. Die Produktverkostung im Anschluss zeigte, dass das vermittelte Wissen unmittelbar in die Praxis umsetzbar ist und in schmackhafte Fleisch- und Wurstwaren mündet.
Eröffnet wurde die Veranstaltung im vergangenen Oktober mit dem Beitrag des DIL Institutsleiters Dr. Volker Heinz zu dem Thema „Neue Technologien für neue Märkte“. Es wurden produktschonende und energieeffiziente Verfahren vorgestellt, deren Mechanismen bereits lange bekannt sowie erprobt sind und die zunehmend an eine Anwendung in der Industrie ausgerichtet werden. Ein Beispiel ist die Hochdrucktechnologie. Ziel einer Behandlung von Lebensmitteln mit hydrostatischem Druck ist oftmals die Konservierung unter gleichzeitigem Erhalt der Wert gebenden Inhaltstoffe. Aber auch bei der Strukturgebung von Produkten, im Rahmen von biotechnologischen Anwendungen und bei der Funktionalisierung von Lebensmitteln findet diese Technologie ihren Einsatz. Die Stoßwellentechnologie hingegen ist ein Verfahren, bei dem gezielt hydrodynamische Druckwellen eingesetzt werden, um mechanische Einflüsse auf biologische Gewebe und andere Feststoffe auszuüben. Auf diese Weise können z.B. die Reifung und Zartmachung von Rindfleisch beschleunigt werden, damit die Produktqualität erhöht sowie Distributions- und Lageraufwand vermindert werden. Die Technologie, die sich die Pulsierenden Elektrischen Felder zu Nutze macht, kann z.B. zur Inaktivierung von Mikroorganismen und somit als Verfahren zur Haltbarmachung genutzt werden. Saucen, Würzen, Marinaden und Blut sind Beispiele für Anwendungsgebiete. Die Vorteile dieses Verfahrens liegen in einem reduzierten Energiebedarf und der Schonung des Produktes.
Auf das Thema Salzreduzierung ging Dr. Claudia Durmus von der WIBERG GmbH ein. In ihrem Vortrag „Tradition trifft Innovation – Wiener Würstchen salzreduziert“ verwies sie auf das Potential der im Lebensmittelbereich anhaltenden Entwicklungen in Richtung Convenience, Genuss und Wellfood. Da immer mehr Konsumenten Wert auf eine gesunde Ernährung legen, sollten auch innovative Produktkonzepte in diese Richtung zielen – der Fokus kann dabei z.B. auf salzreduzierten Produkten liegen. Salz, welches zu 40% aus Natrium und 60% aus Chlorid besteht, ist überlebenswichtig und übernimmt darüber hinaus zahlreiche technologische Funktionen. Allerdings gilt es inzwischen als hinreichend erwiesen, dass eine hohe Natrium-Aufnahme für Bluthochdruck verantwortlich gemacht werden muss. Da der durchschnittliche Salzkonsum deutlich höher als der von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung geforderte Wert von 6 g pro Tag ist, fordert die EU im Verlauf von 4 Jahren eine 16%ige Reduktion des Salzgehalts gegenüber dem Stand von 2008 in wichtigen Lebensmittelgruppen wie Fleischwaren etc. Eine solche Reduktion kann beispielsweise über Zutatenmischungen erzielt werden, die im Verhältnis 1:1 das herkömmliche Salz (auch Nitritpökelsalz) ersetzen. Auf diese Weise kann mittlerweile eine 25%ige Salzreduktion erreicht werden. Das Besondere hierbei ist, dass keine Änderungen des Herstellungsprozesses vorgenommen werden müssen. Der Vortrag veranschaulichte am Beispiel von Wiener Würstchen, dass die Auslobung „natrium- bzw. salzreduziert“ bei gleichzeitig vollem und rundem Geschmack möglich ist.
„Gesunde Ballaststoffe in Fleisch- und Wurstwaren“ thematisierte Stefan Schmitt-Rechlin von J. Rettenmaier & Söhne GmbH + Co. KG. Fleisch- und Wurstwaren versorgen den Verbraucher mit essentiellen Vitaminen und Spurenelementen. Allerdings kann eine an Fleisch- und Wurstwaren reiche Ernährung mit einer hohen Fett- und Kalorienzufuhr einhergehen. Um diesem zu begegnen und gleichzeitig den ernährungsphysiologischen und sensorischen Bedürfnissen der Verbraucher gerecht zu werden, wurden mittlerweile hochfunktionelle Fettersatzstoffe und Ballaststoffe entwickelt. Mit deren Einsatz können technologische Vorteile, wie optimierte Textur und Biss, Verringerung von Brüh- und Kochverlusten, effiziente Wasser- und Fettbindung/-retention, Verringerung von Synäresen in der Verpackung o.ä., mit ernährungsphysiologischen Zusatznutzen, wie Fett- und Kalorienreduktion oder Ballaststoffanreicherung, verbunden werden. Angepasst an die Wünsche der Kunden ist somit ein umfangreiches Produktspektrum möglich – von der fettreduzierten Bratwurst über die ballaststoffangereicherte Salami bis zum fettarmen Hacksteak.
PD Dr. Christian Hertel vom DIL präsentierte dem Fachpublikum „Neue Aspekte in der Biokonservierung von Fleischprodukten“. Die Biokonservierung ist ein altes Konzept zur Verlängerung der Haltbarkeit und Erhöhung der Sicherheit von Lebensmitteln durch Einsatz einer natürlichen Mikroflora und/oder ihrer antimikrobiellen Produkte. Der Fokus der Forschung lag in der Vergangenheit auf den Milchsäurebakterien und deren antimikrobielles Potenzial. Dies führte letztlich auch im Fleischbereich zur Entwicklung kommerzieller Anwendungen (z.B. Bakteriozin-bildende Starter- bzw. Schutzkulturen oder das Bakteriozin Nisin). In letzter Zeit wird der Begriff Biokonservierung vermehrt durch den Begriff „Biocontrol“ abgelöst, der die gesamte Lebensmittelkette („from farm to fork“) berücksichtig. Unter dem Begriff „natural antimicrobials“ wird dem Trend nach „Clean Label“-Produkten Rechnung getragen. Hierbei handelt es sich insbesondere um antimikrobiell wirksame Substanzen pflanzlichen (z.B. phenolische Verbindungen in essentiellen Ölfraktionen) und tierischen (z.B. Lactoferrin, Pleurocidin) Ursprungs, die im Fokus der Forschungsaktivitäten stehen. Unter dem Aspekt der Wahrung des Prinzips einer möglichst natürlichen Konservierung sind insbesondere Anwendungen von „natural antimicrobials“ in Kombination mit physikalischen, nicht-thermischen Konservierungsverfahren wie z.B. gepulste elektrische Felder und Hochdruck von Interesse, da hier synergistische Effekte beobachtbar sind.
Um „Aktuelle rechtliche Aspekte bei der Produktion und Vermarktung von Fleischerzeugnissen“ ging es in dem Beitrag von Dr. Markus Grube von Krell Weyland Grube. Ein wichtiger Aspekt bei der Produktion und Vermarktung von Fleischerzeugnissen ist die Frage, ob Zutaten, wie z. B. Karotten-, Spinat- oder Rote Beete-Extrakt rechtlich als färbende Lebensmittel oder Farbstoffe einzuordnen sind. Zwar ist nach der rechtlichen Definition beides eine Zutat eines Lebensmittels, jedoch bestehen sowohl für die Verwendung als auch für die Kennzeichnung unterschiedliche rechtliche Voraussetzungen. Insbesondere unterliegen die Farbstoffe als Zusatzstoffe einer Zulassungspflicht (vgl. § 6 LFGB). Darüber hinaus müssen Farbstoffe mit ihrem Klassennamen und ihrer Verkehrsbezeichnung oder E-Nummer im Zutatenverzeichnis gekennzeichnet werden. Wohingegen färbende Lebensmittel ohne Zulassung verwendet werden können und im Zutatenverzeichnis als „normale Lebensmittelzutat“ mit ihrer Verkehrsbezeichnung aufgeführt werden. Das entscheidende Abgrenzungskriterium für die Einordnung als färbendes Lebensmittel oder zulassungspflichtiger Farbstoff ist die „selektive Extraktion“. Wurde der Stoff durch diese gewonnen, so ist er als Zusatzstoff im Sinne des Gesetzes einzuordnen. Problematisch ist allerdings die Abgrenzung zwischen selektiver und nicht selektiver Extraktion. Die Europäische Kommission hat eine Leitlinie erarbeitet, die solche Abgrenzungskriterien entsprechend ihrer eigenen Interpretation der EU-Rechtsvorschrift beinhaltet (WGA/05/08 Rev. 6).
Klaus Wewers von der NORDENIA DEUTSCHLAND Halle GmbH stellte in seinem Vortrag „Neue Möglichkeiten zur Verpackungsgestaltung“ Verpackungskonzepte vor, die unmittelbar auf die Bedürfnisse der Endverbraucher abgestimmt sind. So wurden beispielsweise Folien mit integrierten „Ventilen“ präsentiert, die als Deckfolie von großvolumigen Trayverpackungen eingesetzt werden und ein Garen in der Mikrowelle ermöglichen. Entsprechende Konzepte sind die Basis für die zunehmend beliebter werdenden Ultra Frische Menüs. Daneben fand insbesondere auch ein Becher-Stapelsystem, das dem Verbraucher die Menükomponenten einzeln in gut handhabbarer Form anbietet, besonderes Interesse im Auditorium.
Detaillierte Informationen über „Phosphate in der Fleischverarbeitung“ lieferte Dr. Rainer Schnee von der Chemischen Fabrik Budenheim KG. Phosphate sind natürliche Bestandteile nahezu aller Nahrungsmittel. Sie werden bei der Verarbeitung zahlreicher Lebensmittel auch als funktionelle Lebensmittelzusatzstoffe eingesetzt. Mit ihren vielfältigen technologischen Eigenschaften haben Phosphate bei der Herstellung von Fleischprodukten wichtige Funktionen. Nach der Schlachtung sinkt durch biochemische Vorgänge der pH-Wert, das Muskeleiweiß fängt an zu schrumpfen und die wasserbindende Kapazität des Fleisches geht rasch verloren – es wird trocken, fest und faserig. Durch den Zusatz von Phosphaten kann die natürliche wasserbindende Kapazität der Muskelproteine wieder hergestellt werden. Dabei stabilisieren die Puffereigenschaften kurzkettiger Phosphate den pH-Wert, Diphosphate komplexieren zudem noch mehrwertige Kationen wie Kalzium und Magnesium sowie Schwermetallkationen wie das prooxidativ wirkende Eisen und Kupfer. Die Zulieferindustrie hat schnell lösende Spezialphosphate entwickelt, die auch bei hohen Salzkonzentrationen verwendet werden können. Durch den Einsatz spezieller Sprühtrocknungstechnologien bei der Herstellung können chemische Mischungen von Phosphaten mit verschiedenen Kettenlängen produziert werden. Dabei entsteht eine integrierte Kombination aus Natrium- und/oder Kaliumdi- und –triphosphaten, in der die verschiedenen Phosphate nebeneinander molekular vorliegen und nicht als einzelne Kristalle wie bei mechanischen Mischungen. Hierdurch wird eine deutlich bessere Löslichkeit und Lösegeschwindigkeit erzielt.
Bajo Bajovic vom DIL thematisierte die „Umrötungsstabilisierung in Rohwurst“. Aufgrund geänderter Produktionsparameter und Anforderungen durch den Handel wird der Parameter „Farbe“ bei Fleisch- und Wurstwaren enorm strapaziert. Die verschiedenen Faktoren und Möglichkeiten die Farbe zu stabilisieren wurden im Rahmen des Vortrags anschaulich vorgestellt. Dabei wurde auf den Einsatz und die Bedeutung von Starterkulturen, von Farbstoffen und von „natürlichen“ Antioxidationsmitteln sowie „natürlichen“ Zutaten eingegangen.
Einen Überblick über „Texturierte Produkte auf Basis von Fleisch- und Pflanzenproteinen“ gab Dr. Achim Knoch vom DIL. Unter Einsatz der Extrusionstechnik besteht die Möglichkeit, auf Basis von pulverförmigen oder pastösen Ausgangsmaterialien Produkte mit fleischähnlichen Strukturen herzustellen. In Verbindung mit der Rezeptur bietet der Extruder die Möglichkeit, über die Einwirkung von Temperatur, Druck und Scherung die Strukturbildung sehr exakt vorzugeben. Hinsichtlich der Rezepturgestaltung können zum einen rein pflanzliche, fleischanaloge Produkte hergestellt werden, zum anderen besteht aber auch die Möglichkeit, Rezepturen mit hohem Fleischanteil zu verarbeiten und somit das Fleisch bzw. Fleischnebenprodukte zu restrukturieren. Dr. Knoch zeigte in seinem Vortrag das Potential dieser s.g. „High Moistrure Extrusion“ auf und gab Hinweise zur Rezeptur- und Verfahrensgestaltung.
Abgeschlossen wurde die eintägige Veranstaltung mit angeregten Diskussionen und der Präsentation sowie Verkostung von Musterprodukten. Darunter befanden sich Teewurst, Leberwurst und Kasseler, allesamt mit der Hochdrucktechnologie hergestellt. Aber auch ein innovatives Wurstprodukt in Snack-Form überzeugte die Teilnehmer. Anknüpfend an diesen Erfolg soll auch im kommenden Herbst die Veranstaltung in Quakenbrück mit anderen thematischen Schwerpunkten wieder stattfinden. Dann heißt es: „Herzlich willkommen zum 3. DIL-Seminar Fleisch- und Wurstwaren“.