Opti Dry Beef

„Sichere und qualitative Trockenreifung (dry aging) von Rindfleisch"

Die industrielle Fleischproduktion hat die Trockenreifung als Mittel der Wahl bei Rindfleisch in die Nische gedrängt. Dabei werden Betriebe, die auf das so genannte „dry aging“ setzen mit, mit besonders aromatischem und zartem Fleisch belohnt. Gleichzeitig gehen sie jedoch ein Risiko ein, da es keine Definition für das Verfahren gibt. Ein interdisziplinäres Forschungsprojekt schafft die Grundlagen für mehr Sicherheit und Qualität durch optimale Prozessbedingungen.

Das „dry aging“ zählt zu den ältesten Verfahren der Fleischreifung bei Rindfleisch und weckt in den letzten Jahren zunehmend das Interesse von Verbrauchern und Industrie. Intrinsische Enzyme sorgen im Laufe der trockenen Reifung für das Zartwerden der Fasern und den Abbau des Kollagens. Hierdurch erhält das Fleisch ein intensives Aroma und wird besonders zart. Bis heute gibt es allerdings keine Definition für das Verfahren. Zerlegebetriebe, Metzgereien und Gastronomieunternehmen vertrauen derzeit hauptsächlich auf empirische Erfahrungen und gehen damit ein Risiko ein: Durch falsche Reifezeiten oder Temperaturen schwankt die sensorische und auch mikrobiologische Qualität der Produkte. Anwender riskieren nicht nur das Vertrauen der Verbraucher, sondern auch betriebswirtschaftliche Einbußen durch das Wachstum pathogener Mikroorganismen oder Produktionsausfälle. Das interdisziplinäre IGF-Forschungsvorhaben OptiDryBeef, an dem als einzige deutsche Forschungsstelle das Deutsche Institut für Lebensmitteltechnik (DIL) beteiligt ist, widmet sich seit 2016 eben dieser Wissenslücke. Ziel ist es den Einfluss zahlreicher Prozessparameter wie Temperatur und Luftfeuchte, Tierrasse und Schutzumhüllungen auf die Eigenschaften des trockengereiften Fleisches systematisch zu untersuchen. Dabei liegt der Fokus der Arbeit insbesondere auf der mikrobiologischen Stabilität beziehungsweise Sicherheit und den organoleptischen Eindrücken. Aus den Ergebnissen der Untersuchungen soll eine Definition für den Prozess der Trockenreifung formuliert werden.

Durch die Trockenreifung erfährt Rindfleisch eine deutliche Wertsteigerung und qualitativ hochwertige Lebensmittel liegen im Trend: Die Ausgaben der Verbraucher für Nahrungsmittel haben sich in den letzten fünf Jahren um 17 Prozent erhöht, während der Verkauf von Fleisch und anderen Lebensmitteln über den Discounter rückläufig ist. Im Rahmen des ersten Arbeitspaketes von OptiDryBeef befragten Wissenschaftler aus Belgien und Deutschland  Metzgereien, Restaurants sowie Unternehmen der Fleischindustrie nach Parametern wie Temperatur, relative Luftfeuchte, Luftgeschwindigkeit sowie der Reifedauer und dem Verlust durch die Reifung. In den meisten Fällen ähnelten sich die Parameter untereinander und entsprachen den Bedingungen, die auch das DIL bei seinen Untersuchungen einsetzt (2 – 3 °C bei 70 – 80 % relativer Feuchte). Weniger Einigkeit besteht hingegen bei der Auswahl der Rasse, des Geschlechtes und der Fettklasse der Rinder. Die Mehrheit der Befragten bevorzugt weibliche Tiere, die noch nicht gekalbt haben, so genannte Färsen, mit einer relativen hohen Fettabdeckung (Fettklasse drei bis vier). Der Gewichtsverlust durch die Reifung variiert je nach Reifedauer, Teilstück sowie Anwendung einer Umhüllung. Im Durchschnitt dauert die Trockenreifung drei bis fünf Wochen und es wird keine Umhüllung verwendet. Falls doch, wird das Fleisch mit ausgelassenem Rindertalg bestrichen. Als weitere Umhüllungen werden Reifebeutel aus Sauerstoff- und Wasserdampf durchlässigem Plastik oder Polyester sowie ein Film aus Hydrokolloiden getestet. Um zu überprüfen, ob eine der Umhüllungen einen Vorteil bietet und sich nach einer bestimmten Reifedauer der Geschmack, die Zartheit und weitere Parameter verändern, analysieren Wissenschaftler am DIL nach drei, sechs und neun Wochen Reifung das Fleisch physikalisch, mikrobiologisch sowie sensorisch. Bei den bisher durchgeführten Hauptversuchen zeigte sich, dass der mikrobiologische Zustand des Fleisches durch Umhüllungen verschlechtert wird, da zwischen der Umhüllung und dem Fleisch ein Wachstumsraum für die Mikroorganismen entsteht. Ursache hierfür ist, dass der Rinderrücken hängend am Knochen reift und die Umhüllung somit nicht dauerhaft auf dem zu schützenden Muskelfleisch aufliegt. Der semipermeable Plastikbeutel zeigte eine positive visuelle und demnach schützende Auswirkung auf das Muskelfleisch, sofern dieser direkt anliegt. Die Forscher gehen davon aus, dass die Reifung im semipermeablen Beutel ohne Knochen zu mikrobiologisch besseren Ergebnissen führt: Der Beutel, sofern dieser eng anliegt, kann Wasserdampf herauslassen, was zu der typischen Trockenreifung führt, aber verhindert gleichzeitig, dass Mikroorganismen eindringen.

Im Anschluss an die physikalische und mikrobiologische Analyse der Oberfläche sowie der geschnittenen Steaks beurteilen die Wissenschaftler die Sensorik. Die Hypothese des Forschungsvorhabens war, dass die Zartheit mit abnehmender Festigkeit zunimmt. Die bisherige Auswertung zeigt, dass die Ergebnisse der Sensorik größtenteils mit denen der Texturanalyse des gegarten Fleisches korrelieren, was die These bislang bestätigt. Zeitgleich entwickelt ein Forscherteam in Belgien ein analytisches Verfahren, um die Aromakomponenten des trocken gereiften Fleisches zu identifizieren. Dies soll eine analytische Differenzierung zwischen feucht (wet) und trocken (dry) gereiftem Fleisch ermöglichen. Des weiteren wird in anstehenden Versuchen untersucht, inwieweit die Verpackungsart und -dauer Einfluss auf das bereits gereifte Fleisch hat. Außerdem werden die Abschnitte, die durch das Zuschneiden und Parieren entstehen und bisher in der Regel verworfen werden, auf die Tauglichkeit in durchgegarten Fleischprodukten, wie Hamburgern, getestet. Neben der Sensorik evaluieren die beteiligten Forscherteams bis 2018 die Reife- und Hygieneparameter, um den Prozess der Trockenreifung zu klassifizieren, sodass in Zukunft auf Basis der Ergebnisse Richtlinien oder Leitsätze entstehen können.